Kreta (Griechenland).

Wandern im Westen der Insel.

Hallo auf meiner Seite für Kreta.
Dies ist die Beschreibung einer kurzen Reise vom 20.09. bis 27.09.2002 nach Griechenland auf die Insel Kreta.

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Die Schreibweise der Bezeichnungen kann sich durchaus wegen der Transformierung der griechischen Schriftzeichen von anderen Publikationen unterscheiden.

Allgemeines: Für Deutsche ist das Reisen nach Griechenland und damit auch nach Kreta absolut problemlos. Man benötigt lediglich den Personalausweis, welcher bei der Ausreise trotz Schengener Abkommens auch noch immer kontrolliert wird. Der Euro ist seit Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung auch in Griechenland offizielles Zahlungsmittel, somit entfällt der Geldumtausch. Die Zeitverschiebung gegenüber Deutschland beträgt +1 Stunde, die Sommerzeit gilt ebenso wie in Deutschland.

Kurze Geographie: Kreta ist die südlichste der griechischen Inseln und die vorgelagerte Insel Gávdos wird auch als südlichster Punkt Europas gehandelt. Die Ost-West Ausdehnung beträgt 260km, die grösste Nord-Süd Ausdehnung beträgt 50km. Auf der Insel mit ihren 8.259km² Fläche leben etwa 500.000 Einwohner. Hauptsächlich Hügelländer und bis zu 2.500m hohe Bergketten prägen das Gesicht der Landschaft. Es gibt nur wenige Ebenen. Die Berge sind meist aus Kalkstein und die Wasser der Regenfälle und der Schneeschmelze haben tiefe Schluchten und Höhlensysteme in diese Berge gegraben.

Geschichte: Im 7. Jahrtausend v. Chr. wandern Menschen auf Kreta ein, die sich als seßhafte Bauern niederlassen. In der frühminoischen Vorpalastzeit (3100 - 2100 v. Chr.) entstehen die ersten Städte. In der Zeit von 2100 - 1800 v. Chr. beherrschen die Minoer das östliche Mittelmeer, entwickeln eine bis heute nicht entzifferte Schrift und bauen die ersten Paläste. Für das Ende dieser Epoche machen Forscher ein schweres Erdbeben verantwortlich. Zwischen 1800 und 1420 v. Chr. werden die Paläste wieder aufgebaut und die minoische Kunst erlebt ihren Höhepunkt. Handelsbezihungen reichen bis nach Sizilien und Mesopotamien. Die uneingeschränkte Seeherrschaft macht eine Befestigung der Städte überflüssig. Das Ende der Bronzezeit (ca. 1000 v. Chr.) ist bis heute weitgehend im Dunkel der Geschichte verborgen geblieben. In der Dorisch-Griechischen Epoche (1000 - 67 v. Chr.) werden befestigte Städte erbaut und der Handel erfährt einen neuen Aufschwung. Im Jahre 67 v. Chr. wird Kreta von Rom erobert; nach der Landung des Apostels Paulus beginnt 59 n. Chr. die Christianisierung der Insel. Nach der durch Stabilität geprägten oströmisch-byzantinischen Herrschaft erobern die Araber unter Abu Hafs Omar 827 Kreta. Christen werden verfolgt und Kirchen zerstört. 961 wird Kreta vom byzantinischen General Phokas befreit und erlebt Dank der Einwanderung von Genuesen, Byzantinern und Venezianern einen neuerlichen Aufschwung. In Folge der Kreuzzüge fällt Kreta 1204 an Venedig, welches ein feudalistisches Wirtschaftssystem aufbaut. Nach jahrelangen Kämpfen wird 1669 Kreta von den Türken eingenommen. Die hohen Abgaben lassen Kreta verarmen. Unterstützt durch die orthodoxe Kirche wächstvor allem in den Bergen der Widerstand. 1898 müssen die Türken nach Aufständen und internationalen Verhandlungen die Insel verlassen. Nach dem Abzug wird Kreta in Selbstverwaltung regiert ehe es 1913 unter Führung von Elefterios Venizelos an den griechischen Staat angeschlossen wird. Im zweiten Weltkieg ist Kreta von deutschen Truppen besetzt.

Wirtschaft: Bodenschätze gibt es nicht, daher auch keine nennenswerte Industrie. Die Bevölkerung lebt von der Bewirtschaftung ihrer kleinen Felder (Oliven, Sultaninen, Orangen, Zitronen, Tomaten und Gurken) und der Zucht von Schafen und Ziegen. Der Fischfang spielt mittlerweile leider eine untergeordnete Rolle, da die Gewässer um Kreta total überfischt sind und die verbliebenen Fischer bis vor die Küsten Afrikas und der Türkei fahren müssen. Große Bedeutung hat natürlich der Tourismus mit seinem begleitenden Dienstleistungssektor und der entsprechenden Bauwirtschaft.

Flora und Fauna: Die ehemals dichten Wälder wurden vor allem unter der türkischen Herrschaft rigoros abgeholzt. Dafür gibt es heute auf Kreta Millionen von Olivenbäumen - ein wichtiger Industriezweig. Trotz der großen Trockenheit gibt es eine erstaunliche Vielfalt der Arten. Vom zarten Alpenveilchen bis zur Strandnarzisse, vom spröden Bambusschilf bis zur mächtigen Wildzypresse reicht die Spannbreite. Vor allem am Ende der Regenzeit im Frühjahr zeigt sich die Natur von ihrer besten (blütenreichsten) Seite.
Nutztiere wie Ziegen, Schafe und Maultiere sind ein alltägliches Bild. Ebenso auffällig ist ein großer Artenreichtum an Vögeln, Insekten und Schmetterlingen. Wegen des fehlenden Waldes und der Jagdleidenschaft der Kreter gibt es kaum Hochwild. Sehr selten ist infreier Natur die kretische Wildziege anzutreffen. Auf drei unbewohnten Inseln wurden Reservate geschaffen, die ein Überleben der vom Aussterben bedrohten Art gewährleisten sollen. Mit etwas Glück kann man von einer der Fähren Delfine beobachten. Vom Aussterben bedroht sind auch Meeresschildkröten und Mönchsrobben.

Hinflug: Fr, 20.09. Bereits morgens kurz nach sechs Uhr landet unsere Boeing 737-800 der Air Berlin auf dem Flughafen von Heraklion. Das Gepäck ist auch recht schnell auf dem Band und so kann man kurz darauf vor einer langen Allee von Holzbuden vor dem Flughafen stehen. Hier haben die Reiseveranstalter ihre Verteilerplätze und bugsieren die Leute in die bereitstehenden Busse. Diese klappern dann eine ganze Menge Hotels ab. Wir benötigen für die Fahrt nach Kavros (kurz vor Georgioúpoli) reichlich zwei Stunden. Gegen 10 Uhr sind auch schon die Zimmer gereinigt und beziehbar, so kann man sich schon häuslich einrichten.

Reise: Die Ansiedlung liegt direkt an der New Road und besteht eigentlich nur aus Hotels und dem damit zusammenhängenden Dienstleistungsgewerken. Unser Hotel "Akti Manos" befindet sich zwischen der auch nachts relativ stark befahrenen Schnellstraße und dem feinen Sandstrand. Glücklicherweise gibt es hier keine großen Bettenburgen, sondern nur landestypische Flachbauten. So ähnelt auch dieses Hotel mehr einer Bungalowsiedlung. Am Mittag wird ein kurzer Spaziergang in das etwa 4km westlich gelegene Georgioúpoli unternommen. Man kann den gesamten Weg am Strand entlang laufen. Im Ort mündet das glasklare Flüßchen Almirós ins Meer. Hier ist auch ein kleiner Hafen und viele bunte Fischerboote schaukeln hin und her. Rings um den Dorfplatz bieten zahlreiche Souvenirläden ihre original kretischen Produkte aus Taiwan feil und eine ganze Reihe von Lokalen lädt lautstark zur Rast ein. So teste auch ich hier den ersten Griechischen Salat.

Fischerhafen an der Mündung des Almirós in Georgioúpoli. Kapelle am Hafen von Georgioúpoli.
Fischerhafen an der Mündung des
Almirós in Georgioúpoli.
Kapelle am Hafen von Georgioúpoli.

>Sa, 21.09., Akrotíri: Nach dem einfachen Frühstücksbüfett treffen wir um 9 Uhr mit unserer Wanderführerin zusammen. Insgesamt sind wir nun eine Gruppe von acht Personen, also eine übersichtliche Truppe. Wir besteigen einen Kleinbus und fahren auf der Schnellstraße über Chaniá auf die Halbinsel Akrotíri zum Kloster Gouvernétou. Dieses Kloster mit seinen wehrhaften Mauern wurde erbaut, als das tiefer am Meer gelegene Kloster Katholikó im 16. Jh. wegen ständiger Piratenüberfälle aufgegeben wurde. In der Mitte des Klosters steht eine kleine Kirche. Deren Fassade ist mit Ornamenten und so gar nicht christlich wirkenden Monsterköpfen verziert. Ein mit Natursteinen gepflasterter Treppenweg führt in eine tiefe Schlucht Richtung Meer hinab. Unterwegs trifft man an ein paar Ruinen auf die Bärenhöhle (Arkoudiótissa-Höhle). Ein in der Mitte stehender Stalagmit erinert in seiner Form an einen Bären. Am Eingang der Höhle ist eine kleine Kapelle aus dem 16. Jh. in den Fels gehauen. Nur wenige Minuten später sind die gotisch anmutenden Ruinen des Klosters Katholikó erreicht. Teils über Stock und Stein eines trockenen Bachlaufes wandern wir nun weiter in Richtung Stavrós. Dieses Örtchen ist nach nur drei Stunden schon erreicht. Hier entstand der 1964 gedrehte Film "Aléxis Zórbas" mit Anthony Quinn in der Hauptrolle. Eine fast kreisrunde Bucht mit Badewannenatmosphäre lädt zum plantschen ein. Nach einer Rast in einer gemütlichen Taverne besteigen wir wieder unseren Bus und fahren zum Hotel zurück. Da es sich hier nur um eine kurze Wanderung zur Einführung handelte, steht am späten Nachmittag auch am Hotel noch genügend Zeit zum Baden im warmen Meer zur Verfügung.

Buschland auf der karstigen Akrotíri-Halbinsel. Ruinen des Klosters Katholikó.
Buschland auf der karstigen Akrotíri-Halbinsel. Ruinen des Klosters Katholikó.

So, 22.09., Gíngilos: Heute sind in Deutschland Bundestagswahlen. Bei uns steht die Besteigung des 2.080 m hohen Gíngilos auf dem Programm. Auf der Schnellstraße fahren wir nach Chaniá. Auf einer Nebenstraße geht es durch Kretas größtes Anbaugebiet für Orangen, ehe sich die Straße in engen Windungen hinauf nach Lákki und weiter zur Hochebene von Omalós schraubt. Diese liegt in einer Höhe von 1.200 m und wird alljährlich im Frühjahr nach der Schneeschmelze überschwemmt. Schlünde im Karst sorgen wie in einer riesigen Badewanne für den Ablauf des Wassers in unerforschte Höhlenwelten. Bald darauf ist eine kleine Anhäufung von Häusern mit Restaurants und Tavernen erreicht. Hier beginnt nicht nur der Aufstieg zum Gíngilos, sondern hier befindet sich auch der Einstieg in die berühmte Samariá-Schlucht. Dementsprechend groß ist auch der Parkplatz angelegt. Über die Treppen an einem Restaurant vorbei verlassen wir das Getümmel der in die Samariá-Schlucht drängenden Massen und befinden uns bald auf einem (zu) gut ausgebauten Wanderweg. Der Weg führt an phantastischen Gesteinsformationen vorbei und durch ein Felsentor hindurch bis zur Linoséli-Quelle mit herrlich erfrischendem, eiskaltem Wasser. Aus dieser Quelle soll bereits Zeus getrunken haben und so können auch wir natürlich nicht widerstehen und befüllen unsere Wasserflaschen. Noch immer haben wir die steil aufragende Wand des Gíngilos vor uns stehen, der anstrengende Aufstieg beginnt eigentlich erst jetzt. In engen Serpentinen gewinnen wir langsam an Höhe. Immer wieder hat man herrliche Ausblicke hinab in die Samariá-Schlucht und auf das gegenüberliegende Páchnes-Massiv. Nach anstrengendem Gang über ein steiles Geröllfeld ist ein windiger Sattel erreicht. Von hier kann man schon nach Süden hinab zum Meer blicken. Doch wir wollen noch höher hinauf. Also wenden wir uns nach links und arbeiten uns weiter nach oben. Etwas oberhalb des Sattels befindet sich rechts des Weges ein 300 m tiefer Schlund im Kalkstein. Bald kommt man nur noch mit etwas Kraxelei vorwärts. Man muß schon die Hände zuhilfe nehmen, um die nicht so einfachen Passagen des Pfades überwinden zu können. Doch nach knapp drei Stunden sind wir auf dem Gipfelplateau angelangt und können die Aussicht von oben genießen. Leider ist es etwas dunstig und der Blick nicht so klar, wie man sich erhofft hätte. Nach einem kleinen Picknick in dieser luftigen Höhe treten wir 20 Minuten später wieder den Rückweg an. Auf dem gleichen Wege geht es bergab. Natürlich machen wir auch wieder an der Linoséli-Quelle halt und stärken uns, soll doch dieses Wasser ewige Jugend bringen.... Der Abstieg geht verständlicherweise etwas schneller als der Aufstieg und nach insgesamt fünf Stunden ist diese Wandertour beendet. Wir trinken noch Kaffee in einer Taverne und dann bringt uns der Bus zurück zum Hotel in Kavros. Abends versammeln wir uns natürlich vor dem Fernseher und warten gespannt auf die ersten Prognosen und Hochrechnungen der Bundestagswahl.

Auf dem Weg zum Gíngilos (2.080m), Kalksteinformationen. Auf dem Weg zum Gíngilos (2.080m), Kalksteinformationen und windschiefe Zypresse. Auf dem Weg vom Gíngilos (2.80m), Serpentinenweg durch ein Geröllfeld.
Auf dem Weg zum Gíngilos (2.080m), Kalksteinformationen. Auf dem Weg zum Gíngilos (2.080m), Kalksteinformationen und windschiefe Zypresse. Auf dem Weg vom Gíngilos (2.80m), Serpentinenweg durch ein Geröllfeld.

Mo, 23.09., Arádena - Loutró - Hóra Sfakíon: Über Vríses, Ímbros, Hóra Sfakíon und Anópoli fahren wir nach Arádena. Unmittelbar vor Arádena rumpelt der Bus über eine bizarre Stahlträgerbrücke mit klappernden Holzbohlen über die 80m tiefe Arádena-Schlucht. Der Ruinenort ist seit einer Blutrachefehde seit den fünfziger Jahren so gut wie verlassen. Trotz, oder gerade wegen, der verfallenen Häuser übt dieser Ort eine eigenartige Magie aus. Wir überqueren nun zu Fuß die Brücke und stellen dabei fest, daß die Holzbohlen nicht gerade eng beieinander liegen und man durch die Löcher und Zwischenräume 80 m tief nach unten sehen kann. Nichts für Menschen mit einem nervösen Magen. Die Straße meidend gelangen wir auf einem schmalen Pfad nach Anópoli. Vorbei an Schatten spendenden Olivenbäumen laufen wir durch den Ort, der eigentlich gar kein richtiger Ort sondern vielmehr eine lockere Ansiedlung von Häusern ist. Es ist erstaunlich, hier am scheinbaren Ende der Zivilisation noch eine solch große Ansiedlung mit grünenden Feldern ringsum anzutreffen. Im Ort biegen wir nach Süden ab und erklimmen auf den Serpentinen eines Fahrweges eine kleine Anhöhe. Hier befindet man sich auf dem Rand des Hochplateaus und das Gelände fällt 650 m tief steil nach unten zum Libyschen Meer ab. Der nächste Etappenort Loutró ist schon in einer Bucht zu sehen. Loutró ist nicht per Straße zu erreichen, ausschließlich per Schiff oder zu Fuß. Auf einem kleinen Kamm oberhalb von Loutró thront die Ruine einer Burg aus der Türkenzeit. Auf einem Eselspfad beginnen wir nun den beschwerlichen Abstieg zum Meer. Der Weg ist nicht ganz einfach zu laufen, da eine ganze Menge loses Geröll auf der Oberfläche liegt. Die Sonne knallt bereits unbarmherzig in den Hang. Nach 2,5 Stunden sind wir in Loutró angekommen und lassen uns in einer der zahlreichen Tavernen zur Stärkung nieder. Von hier kann man die Fähre sehen, die die Touristen zur Samariá-Schlucht bringt. Nach einer ausgiebigen Rast beginnen wir den nächsten Teil unserer Wanderung. Wer noch nicht die Erfahrung gemacht hat in einem Backofen zu wandern, so sei dem diese Strecke in der Mittagssonne empfohlen. Von Loutró steigen wir wieder ein paar Meter aufwärts und schwenken dann auf den Küstenpfad ein. Dieser ist Teil des Europäischen Fernwanderweges E4 und ganz ordentlich ausgeschildert (auch wenn man sich auf diesem Stück ziemlich sicher nicht verlaufen kann). Mal etwas oberhalb, mal direkt an der Küste verläuft der Weg. Unterwegs kommt man an einigen zum Bade einladenden Buchten mit Kiesstrand vorbei. Der letzte Strand vor dem Aufstieg zur Straße nennt sich Glikanéra-Beach (Sweet Water Beach). Unterirdische Wasserläufe direkt an der Küste bringen bei etwas Buddelei ungesalzenes Wasser ans Tageslicht. Nach der Überwindung von etwas Geröll steigt der Weg nun 80m zur Straße empor. An steil in das Meer fallenden Wänden klammert sich der Weg in den Fels. Hier ist etwas Schwindelfreiheit vorteilhaft. Nach insgesamt 5,5 Stunden ist die Straße erreicht und unser kleiner Bus wartet schon. Wir fahren hinab nach Hóra Sfakíon und kehren in einer Taverne ein. Das kühle Bier schmeckte nach dieser Backofentour ganz besonders gut. Nach einer Stunde kamen dann auch die "Wanderfaulen" mit der Fähre aus Loutró an und wir machten uns auf die Heimfahrt.

Arádena, Brücke über die Arádena-Schlucht (ca. 80m tief). Arádena, der Ort ist seit 1950 wegen einer Blutrachefehde nahezu verlassen. Blick hinab nach Loutró, die Fähre fährt gerade von dannen.
Arádena, Brücke über die Arádena-Schlucht (ca. 80m tief). Arádena, der Ort ist seit 1950 wegen einer Blutrachefehde nahezu verlassen. Blick hinab nach Loutró, die Fähre fährt gerade von dannen.

Di, 24.09., Chaniá: Heute ist wanderfreier Tag. Also nutzen wir die Zeit für einen Ausflug mit dem alle 30 Minuten fahrenden Linienbus nach Chaniá, der alten (bis 1972) Hauptstadt von Kreta. Diese Stadt hat 60.000 Einwohner und die höchste Dichte von Autos je Einwohner in Griechenland. Der Kern der Altstadt rings um den als Fischerei- und Yachthafen genutzten venezianischen Hafen ist jedoch weitestgehend verkehrsberuhigt und so kann man in aller Ruhe durch die vielen engen Gassen flanieren. (Der Passagier- und Handelshafen liegt etwas außerhalb in Soúda.) Auf minoischen Mauerresten entstand eine bunte Mixtur aus venezianischen und türkischen Gebäuden. Leider ist das Gelände rings um den malerischen venezianischen Hafen touristisch ziemlich aufgepeppt, was sich auch in den Preisen der unzähligen Tavernen widerspiegelt. In den venezianischen Arsenalen des Hafens haben jetzt Handwerker ihre Werkstätten. Als die Venezianer Kreta im 13. Jh. einnahmen, errichteten sie im Laufe der Zeit gegen die Genuesen, revoltierenden Kreter, Araber und zum Schluß gegen die osmanische Bedrohung wehrhafte Festungsanlagen. 1645 wurde Chaniá von den nun hier herrschenden Osmanen zur Hauptstadt Kretas erklärt. Neben den unzähligen mittelalterlichen Bauten ist auch die neoklassizistische Markthalle nach dem Marseiller Vorbild von 1911 sehenswert, nicht nur wegen des Baustils sondern auch wegen des Flairs. Die Rückfahrt mit dem Linienbus gestaltet sich am Busbahnhof anfangs etwas abenteuerlich. Die Abfahrtszeiten sind bekannt, aber welcher Bus von den vielen fährt denn nun nach Kavros? Fünf Minuten vor Abfahrt eines jeden Busses plärrt eine Stimme durch den Lautsprecher in griechisch und englisch die Ziele der Busse und die zugehörige Nummer des Busses. Diese fahren dann am Tickethäuschen vor und man kann einsteigen. Wenn Bedarf besteht, so werden auch mehrere Busse zur gleichen Zeit zum gleichen Ziel eingesetzt. Eine praktische Einrichtung, aber nicht planbar.

Chaniá, Blick über den venezianischen Hafen zu den Weißen Bergen (Lefká Óri). Chaniá, in den Gassen der Altstadt. Chaniá, in den Gassen der Altstadt.
Chaniá, Blick über den venezianischen Hafen zu den Weißen Bergen (Lefká Óri). Chaniá, in den Gassen der Altstadt. Chaniá, in den Gassen der Altstadt.

Mi, 25.09., Samariá-Schlucht: Schon um 5:30 Uhr fahren wir mit unserem Bus am Hotel ab, denn wir wollen so zeitig wie möglich am Eingang der Samariá-Schlucht sein. Wie schon am Sonntag fahren wir bis zur Hochebene von Omalós zum Startpunkt der Wanderung. Doch heute geht es nicht hinauf zum Gíngilos, sondern wir wollen 1.200m nach unten zur Küste steigen. In die mit 16km angeblich längste Schlucht Europas muß man 3,50 EUR Eintritt bezahlen. Die Tickets werden auch beim Verlassen der Schlucht kontrolliert. Doch wir müssen hören, daß wegen des starken Windes kein Fährverkehr stattfindet. Wir müssen uns also entscheiden, auf gut Glück und mit Hoffnung auf weniger Wind aufzubrechen; dabei das Risiko eingehend, daß wir in Agía Rouméli (dem Küstenort) übernachten und am nächsten Tag zu Fuß nach Hóra Sfakíon laufen müssen. Oder, und das ist eigentlich gar keine Alternative zu dieser wunderschönen Schlucht, eine andere Tour vornehmen. Da aber die Samariá-Schlucht als einer der Höhepunkte Kretas gehandelt wird, entscheiden wir uns für das Risiko. Und wie sich später herausstellen sollte, war das völlig richtig. Nach ein paar Minuten Beratung starten wir also endlich in diese Schlucht mit Ihren steil abfallenden Felswänden und dem stolz darüber thronenden Gíngilos. Wegen des frühen Zeitpunktes sind noch nicht viele Wanderer unterwegs; an Spitzentagen sollen sich bis zu 3.000 Personen durch die Schlucht wälzen. Auf einem zu gut ausgebauten Serpentinenweg mit unzähligen Stufen steigen wir innerhalb der ersten 4km um mehr als 600m hinab. Das geht auf die Knie. Doch man wird durch phantastische Ausblicke auf die Berge ringsum entlohnt. Immer wieder trifft man auf kleine Rastplätze mit eingefaßten Quellen, an Trinkwasser mangelt es nicht. Sogar kleine Toilettenhäuschen gibt es. An riesigen Felsbrocken vorbei und unter haushohen Zypressen entlang erreicht man die kleine, schlichte Kapelle Ágios Nikólaos. In der nach 2,5 Stunden erreichten ehemaligen Ortschaft Samariá ist eine Sanitätsstation untergebracht. Für Wanderer, die sich übernommen oder verletzt haben, stehen hier auch Maultiere als "Krankenwagen" zur Verfügung. Etwas unterhalb des Ortes steht auf der linken Seite die venezianische Kapelle Óssia María. Diese Kapelle war namensgebend für den Ort und die Schlucht (Óssia María - Sia María - Samariá). Nun beginnt auch allmählich der dramatischste Teil der Schlucht. Die Wände werden steiler und rücken immer näher zusammen. Mühsam bahnt man sich den Weg durch das Geröll am Fuße der Schlucht, überquert dabei auch immer wieder den Bach. Gigantische Felsblöcke im Bachbett lassen die ganze Wucht des Wassers erahnen, welches hier in den Zeiten der Schneeschmelze entlang schießt. Schließlich stehen wir an der engsten Stelle der Schlucht, der Sideropórta (Eiserne Pforte). Hier ist die Schlucht am Fuße nur noch ganze 3m breit und die Felswände ragen einige 100m senkrecht nach oben. Voller Ehrfurcht vor den Bauwerken der Natur lassen wir diese eindrucksvolle Umgebung auf uns einwirken, ehe wir weiter in Richtung Meer stiefeln. Anfangs ein paar, dann immer mehr, und schließlich eine endlose Karawane an Menschen strömt uns nun entgegen - kein Zweifel, die Fähren sind also doch wieder unterwegs und bringen unzählige Touristen nach Agía Rouméli. Von dort laufen sie dann bis zur Eisernen Pforte und wieder zurück zur Fähre. Dabei ist erschreckend, mit welchem Schuhwerk sich manche Leute auf diese Tour begeben; als ob sie zu einer Party gehen würden. Am unteren Eingang der Schlucht werden unsere Tickets kontrolliert, in der Gegenrichtung steht eine gigantische Schlange am Kassenhäuschen. Durch ein 1952 bei einem schweren Hochwasser zerstörtes und aufgegebenes Dorf gelangen wir nach knapp 6 Stunden nach Agía Rouméli, unserem Endpunkt dieser Wandertour. Die hier schon geweitete Schlucht mündet bewacht von einer türkischen Burg in das Libysche Meer. Wir münden natürlich vorerst in eine Taverne, um uns bei Salat, Bier und dem kretischen Raki zu stärken. Nach einiger Wartezeit besteigenwir mit einigen hundert anderen Personen eine Fähre und fahren über Loutró nach Hóra Sfakíon. Vom Meer hat man dabei nochmals schöne Blicke auf die bis zu 2.453m emporragenden Lefká Óri, die Weißen Berge. Von Hóra Sfakíon bringt uns unser Bus auf schon bekanntem Wege zurück zu unserem Hotel an die Nordküste.

Blick ins Hochland von Omalós. Samariá-Schlucht, Blick in die Schlucht von der Brücke bei Samariá. Samariá-Schlucht, an der "Eisernen Pforte" (Sideropórta).
Blick ins Hochland von Omalós. Samariá-Schlucht, Blick in die Schlucht von der Brücke bei Samariá. Samariá-Schlucht, an der "Eisernen Pforte" (Sideropórta).

Do, 26.09., Thériso - Mesklá: Zum Abschluß der Wanderwoche noch eine kleine Genußtour. Mit dem Bus fahren wir wieder über Chaniá nach Thériso. Dabei folgen wir dem Lauf des Thérisiano, einem kleinen Bach der auf seinem Wege eine eindrucksvolle Schlucht mit imposanten und fast senkrechten Felswänden geschaffen hat. 1821 tobten hier heftige Kämpfe zwischen Türken und kretischen Freiheitskämpfern. In Thériso verlassen wir den Bus und laufen auf einer Fahrpiste bergan. Anfangs sehen wir noch das Dorf unter uns liegen. Im Licht der Morgensonne sind an den Hängen noch deutlich die Terrassierungen erkennbar. Die kleinen Felder werden aber zum größten Teil nicht mehr genutzt und so verfallen auch langsam die Terrassen. Dies hat auch noch den unangenehmen Nebeneffekt, daß dadurch die Haltbarkeit des Bodens verringert wird und es leichter zu einem Erdrutsch kommen kann. Nach der Überquerung eines niedrigen Sattels steht dann majestätisch die ganze Nordflanke der Lefká Óri vor uns. Nach einem weiteren Stück auf der Piste biegen wir in einen schmaleren Weg ein und bewegen uns langsam ins Tal. Der Weg führt an zahlreichen Bäumen mit Eßkastanien, Walnüssen und Orangen vorbei. Natürlich fällt uns dabei auch die eine oder ander Frucht urplötzlich vor die Füße, so daß diese gleich ganz frisch verspeist werden. Kein Vergleich zu Aldi. Unter Olivenbäumen sind Netze ausgelegt. Auf diese fallen die reifen Oliven und die Netze brauchen dann "nur" noch abgelesen zu werden. Auch die Weinstöcke gedeihen hier gut und tragen köstliche Früchte. Unter schattigen Bäumen nähern wir uns Mesklá. Kurz vor dem Dorf machen wir noch einen kleinen Abstecher zu einer kleinen Schlucht. Im trockenen Bett eines Baches laufen wir zu einem Felsdurchbruch. Auch hier kann man wunderbar die gewaltige formgebende Kraft des Wassers bestaunen. Ein Fleckchen Erde, welches eigentlich mehr Beachtung verdienen würde. Aber dann wären ja auch mehr Touristen hier und die idyllische Ruhe gäbe es nicht mehr.... Nach nur drei Stunden sind wir schon am Ziel unserer kurzen Abschlußwanderung und kehren in Mesklá in einer Taverne ein. Hier verspeisen wir gefüllte Teigtaschen und Salat und warten auf die Ankunft unseres Busses. Am Nachmittag ist dann am Hotel noch genügend Zeit, um ein letztes Mal ein Bad im Mittelmeer zu nehmen. Und am Abend heißt es dann schon: Packen.

Verlassene Terrassen bei Thériso. Enge Schlucht bei Mesklá. Kirche in Mesklá.
Verlassene Terrassen bei Thériso. Enge Schlucht bei Mesklá. Kirche in Mesklá.

Fr, 27.09., Rückflug: Bereits um 3:50 Uhr in der Nacht kommt der Transferbus zum Flughafen in Heráklion. Einige Leute sitzen schon darin, mußten also noch früher als ich aufstehen. Auf dem Flughafen zeigen die Anzeigetafeln völligen Blödsinn an, man muß also auf die Durchsagen achten. Die Abfertigung am Check-In Schalter geht trotz langer Schlange so schnell voran, wie ich es kaum je woanders erlebt habe. Kein Anzeichen von südlicher Gelassenheit. Unsere Maschine hat allerdings schon in der Ankunft mehr als eine Stunde Verspätung, also geht es für uns auch etwas später zurück. So geht ein schöner und wie immer viel zu kurzer Urlaub an Bord einer Boeing 737-800 der Air Berlin allmählich dem Ende entgegen.

Boeing 737-800 der Air Berlin auf dem Flughafen in Heráklion.
Boeing 737-800 der Air Berlin auf dem
Flughafen in Heráklion.
Reiseveranstalter HAGEN ALPIN TOURS
Alois-Wagner-Str. 28
87466 Oy-Mittelberg
Tel.: (08366) 98 88 93
Fax: (08366) 98 88 94
e-mail: hagen@welt-weit-wandern.de
Hagen Alpin Tours Internet: http://www.welt-weit-wandern.de
Weitere Infos über Kreta gibt es unter anderem hier:
www.kreta-treff.de http://www.kreta-treff.de/
Informative Seite über Kreta mit aktiver Community.

Literatur- und Filmtipps:

  1. Kreta - Der Westen, Eberhard Fohrer, Michael Müller Verlag, ISBN 3-932410-44-0, DM 29,80 (EUR 15,24)
  2. Wanderungen auf Kreta, Bernhard Irlinger, Steiger Verlag/ Weltbild Verlag, ISBN 3-89652-030-X, DM 16,80 (EUR 8,59)
  3. Wanderkarte Kreta, Blatt 1: Chaniá Efstathiadis Group A.E., ISBN 960 226 531 0, EUR 6,20 (Preis auf Kreta), basierend auf einer Karte der griechischen Armee, ungewöhnlicher Maßstab von 1 : 79.000, mit falschem Gradgitternetz, war wohl ein Fehlkauf.

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