Tadschikistan.

Eine Reise in den wilden Pamir.

Hallo auf meiner Seite für Tadschikistan.
Dies ist die Beschreibung einer Trekking-Reise vom 22.07. bis 10.08.2015 nach Tadschikistan. Hier treffen wir auf die Großstadt Duschanbe, weite Steppen und das wilde Hochgebirge Pamir.

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Am Ende der Beschreibung eines jeden Trekkingtages gibt es noch einen Link zum Download von GPS-Daten des jeweiligen Tages. Für diese Reise steht das universelle GPX-Format zur Verfügung. Damit können die Track-Daten in viele Karten- und GPS-Programme übernommen werden. Auch für Google Earth ist das GPX-Format geeignet. Zum Herunterladen und Speichern der Track-Dateien den entsprechenden Link mit der rechten Maustaste anklicken und "Ziel speichern unter..." (o.ä.) auswählen.

Allgemeines: Deutsche benötigen für die Einreise nach Tadschikistan ein Visum. Für den Aufenthalt in der autonomen Region Berg-Badachschan muss man zusätzlich noch eine Genehmigung einholen. Diese kann man auch gleich zusammen mit dem Visum bei der tadschikischen Botschaft beantragen. Als Nachweis für diese Genehmigung bekommt man einen Stempel in den Pass. Der Reisepass muß noch mindestens drei Monate nach dem voraussichtlichen Abreisedatum gültig sein. Der Reisende sollte weiterhin über ein Weiter- bzw. Rückreiseticket verfügen.
Der Wechselkurs des tadschikischen Somoni (TJS) zum Euro lag im August 2015 bei ca. 7 TJS : 1,00 EUR. Aktuelle Wechselkurse aller Währungen gibt es unter www.oanda.com. Kreditkarten besitzen keine große Akzeptanz.
Zeitverschiebung: Gegenüber der Mitteleuropäischen Zeit MEZ besteht eine Verschiebung von +5h. Es gibt keine Sommerzeit.

Kurze Geographie: Es sei hier auf die Seiten von Wikipedia.de verwiesen: Tadschikistan - Geografie.

Geschichte: Es sei hier auf die Seiten von Wikipedia.de verwiesen: Tadschikistan - Geschichte.

Flora und Fauna: Durch die großen Höhenunterschiede im Pamir unterscheidet sich auch die Vegetation deutlich. In den Tälern entlang der Flußläufe gibt es relativ viel Grün, Wacholderbäume und Pappeln wachsen. Auch einige Weiden sind zu finden. Abseits der Flußläufe gibt es nur an bewässerten Stellen noch Vegetation, Wälder sind in ganz Tadschikistan kaum noch vorhanden. So ist ein Großteil des Landes staubig, trocken und wüstenhaft. Besonders in den Bergen wird auch noch der letzte Busch zum Heizen verwendet. Im Flachland hat der extensive, extrem wasserintensive Anbau von Baumwolle massive Schäden verursacht. In den Hochtälern kommen noch ausgedehnte Grasflächen vor, die als Weiden genutzt werden.
An Tieren gibt es im Pamir das Marco-Polo-Schaf (auch Archar), die Schraubenziege (auch Marchor) und den Steinbock. Braunbär und Schneeleopard wird man eher nicht zu Gesicht bekommen. Als Haustiere werden Hühner, Schafe, Ziegen und Yaks gehalten. Am Wakhan-Korridor ist auch eine Begegnung mit Kamelen möglich. Wer im Freien übernachtet sollte sich vor Skorpionen in Acht nehmen.

schöne Blume schöne Blume
schöne Blume schöne Blume

Hinflug: Mi, 22.07.2015: Mit Turkish Airlines fliegen wir von München nach Istanbul. Der Flieger ist - wie schon im vorangegangenen Jahr auf dem Weg nach Kirgistan - hoffnungslos überbucht. Per Lautsprecherdurchsage werden wir an den Schalter gerufen. Hier wird uns mitgeteilt, dass wir unsere auf der Bordkarte vermerkten Plätze nicht behalten können und wohl oder übel in die Bussinessklasse umgebucht werden. Lucky Looser. In Istanbul haben wir knapp drei Stunden Aufenthalt, bevor wir weiter nach Duschanbe fliegen.

Do, 23.07.2015: Früh morgens gegen 03:45 landen wir in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe.

Reise: Die Einreiseformalitäten sind relativ schnell erledigt. In der Ankunftshalle liegen Formular zum Ausfüllen bereit. Ein Teil davon wird an der Grenzkontrolle abgegeben, den anderen Teil muss man gut aufheben und bei der Ausreise vorlegen.
Wir warten am Gepäckband, auf dessen Monitor der Flug von Istanbul angezeigt wird. Das sollte man aber nicht zu ernst nehmen. Denn nach einiger Wartezeit sehe ich zufällig, wie unsere Taschen auf dem Gepäckband mit der Aufschrift "Jekatarinenburg" ihre Kreise ziehen. Wie in der ehemaligen Sowjetunion üblich, muss man beim Verlassen des Sicherheitsbereiches des Flughafens seinen Gepäckabschnitt der Bordkarte vorweisen. Dieser wird von Bediensteten mit dem Anhänger am Reisegepäck verglichen. Draußen wartet schon Bahrom, ein Tadschike, der seinen Job als Deutschlehrer an den Nagel gehängt hat und nun sein Geld als Touristenguide verdient. Als sich unsere Gruppe von neun Reisenden zusammengefunden hat, geht es in zwei Hyundai-Kleinbussen nach Duschanbe hinein. Da der Flughafen eigentlich fast in der Stadt liegt ist der Weg zum Hotel nicht weit.
Wir staunen nicht schlecht, als wir unser Zimmer im Asia Grand Hotel beziehen. Es ist recht großräumig und feudal eingerichtet. Auch gibt es für uns bereits ein kleines Frühstück im Restaurant. Nach der Nacht im Flugzeug ist eine Dusche und ein kurzes Schläfchen gut fürs Gemüt.
In der Nähe des Hotels gibt es viele Wechselstuben. Dies erscheint komisch, da es sich mit Duschanbe und Tadschikistan ja nun sicher nicht gerade um Urlaubshochburgen ausländischer Touristen handelt. Da stecken wohl eher die vielen Tadschiken dahinter, die hauptsächlich in Rußland arbeiten und viele Rubel mit heimbringen. Und sicher auch die Händler, die mit Waren aller Art aus den Nachbarstaaten handeln.
Auf den Straßen sieht man hauptsächlich Opel, viele haben noch mitteleuropäische Nationalitätenkennzeichen oder deutsche Umweltplaketten dran. Sicherlich sind nicht alle Autos in Europa geklaut, aber viele schon. Dazu gibt es in der Mediathek der ARD einen Film des Panorama-Teams: "Die Autoklauer".
Nach dem Mittagessen (natürlich eines der Nationalgerichte: Schaschlik) besuchen wir das "Nationalmuseum der Antike" (Wo ist das?). Die Topattraktion ist der "schlafende Buddha", eine 12m lange Buddhastatue aus der Zeit um das Jahr 500. Sie wurde in den Klosteranlagen von Adschina-Teppa im Südwesten Tadschikistans von sowjetischen Archäologen entdeckt. In 92 Einzelteile zerlegt wurde sie 1966 nach Duschanbe gebracht. Fehlende Teile wurden deutlich erkennbar ergänzt. Weiterhin sind Werkzeuge, Gefäße und Schmuck ausgestellt. Die meisten Exponate sind zumindest mit einem kurzen Kommentar auch auf Englisch versehen. Neben dem Eingang gibt es einen kleinen Shop mit Andenken, auch akzeptable Postkarten gibt es hier zu kaufen.
Der Besuch eines typischen Basars darf in einer solchen Gegend natürlich nicht fehlen. Auch wenn es für uns Mitteleuropäer nicht immer unbedingt sehr appetitlich aussieht. In Tadschikistan wird sehr viel Fleisch gegessen; hauptsächlich Hammel, Rind und Huhn. Wenn man dann aber sieht, wie auf dem Markt das Fleisch angeboten wird, könnte man glatt zum Vegetarier werden. Auch wenn das liebe Vieh dort wahrscheinlich bis dahin ein besseres Leben hatte als so manches Vieh in den Agrarfabriken Europas. Neben dem bereits erwähnten Fleisch gibt es natürlich die üblichen jede Menge Gewürze, Bonbons, Kekse, Obst und Gemüse, da allen voran Möhren und Melonen. Melonen werden zu jeder Mahlzeit und zwischendurch gereicht. Im 10. Jahrhundert sollen Melonen in mit Schnee gefüllten Bleikisten bis nach Bagdad transportiert worden sein, wo sie den sieben- bis zehnfachen Preis eines Sklaven erzielten - pro Stück! In feine Streifen geschnittene Möhren werden neben Reis und gebratenem Fleich für das Nationalgericht Plov benötigt. Ebenso nicht fehlen dürfen auf einem dortigen Basar auch getrocknete Früchte aller Art. Besonders für seine Aprikosen, frisch und getrocknet, ist Tadschikistan berühmt. Sie sind klein, nicht immer unbedingt sehr ansehnlich, entsprechen sicher keiner EU-Norm, schmecken dafür jedoch vorzüglich. Aber Vorsicht, der übermäßige Genuss kann durchschlagenden Erfolg haben!
Das kleine, aber feine, private "Musikinstrumentenmuseum" war unser zweites Museum an diesem Tag (Wo ist das?). Es trägt als Beinamen auch den des tadschikischen Schauspielers und Gründer des Museums Gurminj Zavkibekov (1929-2003). Hier kann man verschieden Instrumente, hauptsächlich Saiteninstrumente, vorwiegend aus der Region des Pamirs, sehen und nach Rücksprache auch spielen. Am Tag unseres Besuches drehte gerade ein Team des französischen Senders TV5 eine Dokumentation über dieses Museum. Natürlich kann man hier auch CDs und DVDs mit tadschikischer Musik erstehen. Und mit etwas Glück kann man auch gleich einer musikalischen Livevorführung beiwohnen. Wir hatten Glück.
Es ging weiter zum Rudaki Park. Hier steht zum Beispiel der neue, protzige Präsidentenpalast mit seiner goldenen Kuppel. Der ehemals höchste Fahnenmast der Welt, 2011 gebaut, 165m hoch. Die Flagge selbst mißt 60 auf 30 Meter und wiegt 700kg. Bezeichnenderweise stehen die höchsten Fahnenmasten nicht in gerade demokratischen Ländern: Turkmenistan (133m), Nordkorea (160m), Aserbaidschan (162m), Tadschikistan (165m) und seit 2014 in Saudi-Arabien (171m). Hier befindet sich auch das riesige Denkmal für den "Vater der tadschikischen Nation", Ismail I. Somoni (849-907, Abu Ibrahim Ismail ibn Ahmad). Er war ein König aus dem persischen Geschlecht der Samaniden (daher auch der Beiname Somoni) und unter seiner Regentschaft erreichte sein Reich die größte Ausdehnung. Es umfaßte das heutige Tadschikistan, Teile von Kirgistan, Persien und Afghanistan, Turkmenistan und Usbekistan. Nach ihm ist die tadschikische Währung Somoni benannt, ebenso der höchste Berg der ehemaligen Sowjetunion, der 7.495m hohe Pik Ismoil Somoni. Der hieß zuerst Pik Stalin, dann Pik Kommunismus und nun Pik Somoni. Gleich hinter dem Denkmal ist eine Karte in den Boden eingelassen, die das Riesenreich darstellt.
Wir gehen weiter auf dieser Promenade entlang, vorbei an der Nationalbibliothek, dem Gerb-Monument mit dem tadschikischen Wappen ganz oben drauf, bis zu einem künstlichen Wasserfall, der sich in Kaskaden in ein Becken hinabstürzt.
Den ersten Tag in Tadschikistan beenden wir im renommierten Teehaus "Rochat" im Amüsierviertel an der Rudaki Straße. Das Gebäude ist im oberen Stockwerk terrassenartig offen, aber überdacht. Im unteren Geschoss gibt es jedoch auch mit Fenstern versehene Räumlichkeiten. Und nach hinten hinaus gibt es noch einen Raum mit einer reich verzierten Decke, in den man auf alle Fälle mal hineinschauen sollte.

Auf dem Zloniy Bazaar. Am Rudaki Park.
Auf dem Zloniy Bazaar. Am Rudaki Park.

Fr, 24.07.2015: Lange Fahrt von Duschanbe nach Kalaikhum, obwohl es nur 360km sind, von 8:20 bis 18:00 Uhr. Wir fahren mit den Kleinbussen, die uns schon vom Flughafen abgeholt haben, gegen 8.20 Uhr am Hotel ab und verlassen Duschanbe auf der M41. Bei Vahdat biegen wir auf die A385 ab, die uns zum Nurek-Stausee bringt (Wo ist das?). Der Staudamm ist mit 300m der höchste der Welt, die Oberfläche des Stausees beträgt ca. 100km² und das Volumen 10,5 Mrd m³. Zum Vergleich: Deutschlands flächenmäßig größter Stausee, der Forggensee am Lech, hat eine Fläche von etwas über 15km². Und der volumenmäßig größte Stausee, der Bleilochstausee an der Saale, hat ein Volumen von 215 Mio m³. Kleine Pfützen also. Da diese Gegend sehr erdbebengefährdet ist, wurde der 1980 fertiggestellte Damm nicht aus Beton, sondern als Steinschüttdamm errichtet. Innen ist er mit einem Kern aus Lehm abgedichtet. Die Turbinen des Wasserkraftwerkes haben eine Nennleistung von insgesamt 3GW. Strom zählt zu den wenigen Exportgütern Tadschikistans. An der Straße gibt es ein paar Aussichtspunkte zum See und auch ein paar "Raststätten". Die sind natürlich nicht mit deutschen Maßstäben zu messen und ähneln mehr einem Basar mit vielen Ständen an denen es Mandeln, Nüsse, getrocknete und frische Früchte und natürlich auch richtige Speisen gibt. Es gibt aber ab und an auch ein Restaurant. Leider liegt in der Luft durch den Afghanez genannten Wind ein trüber Schleier aus Staub und die Sicht über den See ist stark eingeschränkt.
In der Nähe des Stausees fahren wir durch zwei neue Tunnel, die durch einen erstaunlich hohen Standard auffallen. Sie sind gut beleuchtet, haben alle paar Meter gute Reflektoren beidseits, es gibt helle Pannenbuchten, Feuerlöscher und Kameraüberwachung. Bleibt zu hoffen, dass dies auch immer ordentlich gewartet wird und nicht so nach und nach verfällt. Den Aufschriften an den Tunnelportalen nach zu urteilen, wurden die Tunnel von chinesischen Firmen erbaut. Überhaupt scheint der Straßenbau, zumindest der wichtigen Verbindungsstraßen, weitestgehend in chinesischer Hand zu sein. Eine moderne Art der Kolonisierung.
Das Mittagessen nahmen wir in Kulob ein, mit rund 100.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Tadschikistans. Im Jahre 2006 wurde hier das 2700-jährige Bestehen der Stadt gefeiert. Allerdings ist unklar, woher die Zahl 2700 kommt, denn der erste Nachweis der Stadt stammt aus der Zeit um 1220. Ein Chronist schildert dabei den Einfall der Mongolen nach Kulob. Die Stadt selbst ist heute eine graue Betonstadt und sieht wenig einladend aus. In der Umgebung werden hauptsächlich Baumwolle, Mais und Getreide angebaut. Wir besuchen einen Basar und fahren dann in ein Hotel zum Mittagessen (Wo ist das?). Von außen sah das Hotel ganz gut aus, im Inneren strahlte der Selbstbedienungs-Speiseraum den Charm eines sozialistischen Ferienheimes aus. Die Toiletten befinden sich in einem Gebäude daneben, welches zu einem Sportkomplex gehört. Hier gibt es drei Porzellantoiletten, ortsüblich zum Hinhocken. Jede einzelne für sich kann durch einen Vorhang verschlossen werden. Männlein und Weiblein gehen auf die gleichen Toiletten, aber immer nur ein Geschlecht zur gleichen Zeit. Zwischen dem Geschlechterwechsel wird geputzt.
Wenige Kilometer nach Kulob kommt die erste Paßkontrolle, wir nähern uns langsam dem Grenzgebiet zu Afghanistan. Auch das Permit für Berg-Badachschan (GBAO) wird hier kontrolliert. Es beginnt ein ganz klein wenig zu regnen und sofort wird die Luft ganz anders. War sie vorher noch bei jedem Atemzug spürbar staubig, ist sie nun richtig frisch. Eine Wohltat. Die Straße ist hier nicht mehr durchgängig asphaltiert, immer wieder gibt es unbefestigte Strecken. Oberhalb von von Anjirob-i Bolo machen wir einen kurzen Fotohalt. Unter uns ist das Tal des Panj und auf der anderen Seite des Flusses sehen wir das erste Mal aus der Nähe Afghanistan. Der Panj und die afghanische Grenze werden die nächsten Tage unsere ständigen Begleiter sein. Aber auch hier hängt der dunstige Staub in der Luft.
Über Serpentinen geht es in das enger werdende Tal des Panj hinab. Dies ist kein normaler, dahinplätschernder Fluß, sondern das sind oftmals wild tosende, schlammig braune Fluten, die sich durch das Tal hinabstürzen. Die Straße windet sich durch das enge Tal, steil geht es zu beiden Seiten die Berge hinauf. Und wo mal ein wenig Platz und noch ein Nebenbach zur Bewässerung vorhanden ist, so existiert dort gleich ein kleines Dorf und Anbaufläche für Getreide und Mais. Egal, ob auf tadschikischer oder afghanischer Seite des reißenden Flusses. An solchen Stellen standen auf der afghanischen Seite auch kleine Wasserkraftwerke, die das Dorf dezentral mit Strom versorgen. In Tadschikistan sind dafür Überlandleitungen vorhanden, deren Masten manchmal auch mitten im Fluß auf einem Felsen stehen.
Auf der tadschikischen Seite ist das Vorwärtskommen noch relativ einfach. Auf der afghanischen Seite jedoch gibt es meist nur einen halsbrecherischen Pfad, der maximal mit Eseln begangen werden kann. Allerdings wird auch bereits an einer "Straße" gebaut, die teilweise auch schon fertig und in Benutzung ist. Leider haben die Projektanten auf der afghanischen Seite dabei aber vergessen, dass der Panj mitunter - wie zum Zeitpunkt unserer Reise - auch Hochwasser führt. Einmal sahen wir auch, wie ein Jeep einen Kleinbus aus dem überfluteten Teil der Straße herausziehen musste. Auf der tadschikischen Seite ist die Straße höher angelegt.
Bei manchen Dörfern, die man aus der Ferne sieht, fühlt man sich in die Toskana versetzt. Die Häuser stehen einen Hang hinauf inmitten von Feldern, der oben von in den Himmel ragenden Pappeln gekrönt ist.
Unser heutiges Etappenziel Kalaikhum (Wo ist das?) erreichen wir gegen 18:00 Uhr. Direkt an der Brücke über den Nebenfluß Obikhumbou quartieren wir uns in einem Homestay ein. Diese Art der Übernachtungshäuser gibt es häufig in Tadschikistan. Manchmal sind es extra Häuser für Reisende und die Eigentümer haben ein eigenes Wohnhaus. Manchmal wohnen Gäste und Bewohner in getrennten Zimmern im gleichen Haus. Und manchmal wird das komplette Privathaus den Reisenden überlassen und die Bewohner quartieren sich kurzfristig bei Verwandten ein. Meist sind es sehr einfache Unterkünfte, dünne Matratzen liegen auf einem etwas erhöht gezimmerten Podest, Trockenklo irgendwo draußen und Wasser aus dem Bach. Wir hatten aber auch eine recht komfortable Unterkunft in Khorog, mit WC und Dusche auf dem Gang und richtigen Betten. Die Besitzer waren scheinbar auch keine armen Leute. Das Homestay in Kalaikhum hatte, wie andere am Bach gelegene auch, einen Balkon über dem Bach. Das sah nicht immer vertrauenerweckend aus. Bei unserem Balkon fehlten an ein paar Stellen die Holzbohlen und man konnte den Bach darunter sehen. Augen auf beim Laufen und nicht zu viel trinken!
Zwischen Ankunft und Abendessen machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort, kauften ein paar Flaschen Bier. Da es wegen des tosenden Baches auf dem Balkon ziemlich laut war, gingen wir nach dem Abendessen nach oben und setzten uns vor dem Haus an die Straße, das war wesentlich ruhiger. Der Hausbesitzer machte uns nach anfänglichen Verständigungsproblemen klar, dass wir vor dem Schlafengehen das Licht löschen sollten. Also schalteten wir später mittels Schalter an einem Mast vor dem Haus die riesige Straßenbeleuchtung aus.

Am Nurek-Stausee. Unterkunft in Kalaikhum.
Am Nurek-Stausee. Unterkunft in Kalaikhum.

Sa, 25.07.2015: Und wieder ein langer Fahrtag, von Kalaikhum nach Khorog, ca. 240km, von 9:00 bis 17:30 Uhr. Weiter in dem engen Tal des Panj. Unser Startort Kalaikhum liegt auf 1.260m Höhe, einige Berge nur 5km vom Tal entfernt reichen schon bis über 4.000m Höhe, bei Khorog erreichen diese dann schon 5.000m Höhe. Die Straße ist jetzt nur noch selten befestigt, meist ist es eine Schotterpiste. Oftmals geht links die Felswand senkrecht nach oben und rechts geht es senkrecht in den tosenden Panj hinab. Und trotzdem ist hier auf der "Pamir-Highway" genannten Straße relativ starker Verkehr. Am meisten beeindrucken mich eigentlich die Brummifahrer, die ihre Lkws auf dieser abenteuerlichen Piste von A nach B bewegen. Meistens werden sie wohl vom einzigen offiziellen Grenzübergang mit China (Kulma-Pass, 4.362m) kommen. Über diesen Pass ist der Pamir- auch mit dem Karakorum-Highway verbunden. Bei den Lkws handelt es sich fast ausschließlich um relativ neue Shacman F3000 8x4 aus chinesischer Produktion, die mit tadschikischem Kennzeichen fahren. Auf den vierachsigen Lkws ist eine Art Container (manchmal Open Top mit Plane), der fest mit dem Fahrzeug verschweißt ist. Und als ob solch ein großes Gefährt nicht schon schwierig genug auf so einer Piste zu fahren ist, haben sie auch noch einen Hänger mit einem kürzeren Container dran. Ich habe zwar nicht nachgemessen, aber ich glaube nicht, dass dies Standardcontainer in 40' und 20' Länge waren, sondern Aufbauten mit 9,5m Länge auf dem Lkw und 5m auf dem Hänger. Leider kommen diese Trucks aber auch nicht immer heil an, manchmal sieht man welche arg zerbeult neben der Straße liegen. Gleiches trifft auch für die privaten "Busse" zu; normale Pkws, die den öffentlichen Personenverkehr übernehmen. Diese pendeln zwischen Ishkashim, Khorog, Kalaikhum teilweise bis nach Duschanbe. Zur Gewinnmaximierung haben die Fahrer oft nur wenig Schlaf, manchmal eben leider zu wenig und dann holt sich der Panj wieder ein Auto.
Auf der afghanischen Seite nimmt das Leben auch seinen dort sicher gewohnten Lauf. Wir merken nichts davon, dass Deutschlands Freiheit genau dort am Hindukusch verteidigt wird. Kunduz ist nur 60km von der tadschikischen Grenze entfernt. Afghanische Kinder versuchen, im Panj zu fischen. Sie winken herüber, ich winke zurück. Die Getreidefelder sind abgeerntet. Die Ballen warten noch darauf, abtransportiert zu werden.
Wenn man nach Khorog (Wo ist das?) hineinfährt, passiert man zuerst den Flughafen. Dieser wird jedoch nur bei sehr guter Sicht angeflogen und ist damit für einen eng gepackten Reisezeitplan nicht hilfreich. Wegen der vielen hohen Berge ringsum möchte ich auch nicht das Risiko eingehen, bei Wolken oder sehr dunstigem Wetter hier landen oder starten zu müssen. Khorog liegt ca. 2.100m hoch und ist mit knapp 30.000 Einwohnern die Hauptstadt der autonomen Provinz Berg-Badachschan. In der Stadt gibt es ein afghanisches Konsulat und nördlich des Flughafens einen Grenzübergang nach Afghanistan. In den Jahren 2012 und 2014 gab es größere Unruhen mit mehreren Toten, die auf rivalisierende Drogenkartelle zurückzuführen sind. In beide Kartelle sollen jeweils hohe Beamte und Angehörige der Streitkräfte verwickelt sein. Das erklärt dann auch, weshalb ganze Lkws die tadschikische Grenze ungehindert passieren können.
Bei unserer Ankunft in dem bereits erwähnten, recht komfortablen Homestay werden wir von einer Mischung aus russisch und chinesisch verspielten Gimmicks empfangen. Bunt blinkende Umrandungen von Lampen, schreiend bunte Motivtapete an der Wand. Einige aus unserer Gruppe fühlen sich nicht recht wohl und die ersten Tabletten müssen geschluckt werden. Zum Abendessen gehen wir in ein nahes Gartenlokal, aber gegessen wird von uns nicht viel.

Die Straße über dem Panj, das Dorf Mahmai auf afghanischer Seite. Das Dorf Mahmai auf afghanischer Seite.
Die Straße über dem Panj,
das Dorf Mahmai auf afghanischer Seite.
Das Dorf Mahmai auf afghanischer Seite.

So, 26.07.2015: Der Morgen beginnt nicht gut. Einer unserer Truppe fühlt sich so elend, dass er ins Krankenhaus gebracht werden muss. Dort wird er an den Tropf gehangen ud bekommt ein Antibiotikum. Eine Erfahrung, die einem in Ländern mit solchen Standards eigentlich erspart bleiben sollte. Wir anderen besuchen inzwischen den Stadtpark, an dessen Eingang es sogar eine kleine Touristinformation gibt. Hier kann man auch Land- und Ansichtskarten kaufen. Den botanischen Garten besuchen wir nicht. Er soll zwar von Fachleuten gelobt werden, "normale" Menschen aber meinen, jeder deutsche Friedhof wäre interessanter. Hernach holen wir unser krankes Mitglied wieder ab und machen uns auf den weiteren Weg.
Und der ist noch weit, weiter als sonst. Denn die späte Schneeschmelze und der ungewöhnliche Regen haben mehrere Erdrutsche ausgelöst und einige Teile des Pamir-Highways M41 weggespült und anderenorts tief unter sich begraben. Laut Webseite des Auswärtigen Amtes soll die Sperrung noch bis mindestens Ende Oktober 2015 bestehen. Normalerweise ist die Strecke von Khorog nach Bachor (Wo ist das?) nur ca. 120km lang, aber wir müssen nun etwa 210km zurücklegen, auf teils richtig miesen Pisten. Wir verlassen Khorog gegen 10:00 Uhr und müssen am Ortsausgang gleich wieder wegen einer Paßkontrolle anhalten. Alles läuft problemlos ab. Normalerweise führt der Pamir-Highway M41 durch das Tal des Ghund, wir fahren ein südlichere Route zuerst durch das Tal der Shakhdara. Die ersten 50km sind noch richtig dicht besiedelt, dann wird der Abstand der Dörfer immer größer und die Straße immer schlechter, bis schließlich nur noch eine einfache Piste in der Graslandschaft übrigbleibt. Brücken sind nur noch fragmentarisch bis gar nicht mehr vorhanden und die Autos müssen durch den Bach hindurch fahren. In der Nähe von Shohirizm konnten wir bei einem Fotohalt ein kreisförmiges Halo um die Sonne beobachten. Spätestens ab den Überresten der Festung Deruj kann man sagen, dass man sich in einem weiten Hochtal befindet. Wir sind bei ca. 3.400m und links und rechts des weiten, steppenartigen Tales stehen ein paar sanft gewölbte Hügel. Hinter diesen Hügeln geht es jedoch weit nach oben; im Norden bis auf 5.708m und im Süden kann man durch ein Seitental die Spitze vom Pik Karl Marx (6.723m) sehen.
Die Piste knickt nach Norden ab und wir schrauben uns weiter in die Höhe. Auf 4.200m Höhe überqueren wir den Maisara Pass. Danach staunen wir nicht schlecht. Es gibt in beiden Richtungen einen kleinen Stau. Der Grund: In einer engen Serpentine hat sich ein Lkw in der steilen und lockeren Piste festgefahren und muss nun mit Hilfe von Stahlseilen wieder flottgemacht werden. Nach einer kurzen Besichtigung des Grashanges wird entschieden, dass unsere Fahrzeuge nicht auf der Piste bleiben müssen. Der Hang ist hier zum Glück nicht steil und die herumliegenden Steine sind in ihrer Größe auch nicht besonders hinderlich. Also lassen wir die Kurve einfach aus und nehmen die Diretissima. An den noch kommenden Kurven ist es mir allerdings ein Rätsel, wie der Lkw bis da oben hingekommen ist. Wir können nun schon den Pamir-Highway sehen und haben bald wieder Asphalt unter den Rädern. Dachten wir.
Wir müssen nur noch den Toguzbulok überqueren. Dort wo unsere Piste auf den Fluß trifft, gibt es keine Brücke. Die ist ca. 1km nördlich. Aber den Weg dahin hat eine Schlammlawine versperrt. Wir können zwar zur Brücke laufen, aber für die Fahrzeuge gibt es bei dem Schlamm kein Durchkommen. Also müssen sie durch den Fluß, und der ist tief. Für versierte Fahrer eines Jeeps ist dieser Fluß zwar ein Hindernis, aber kein unüberwindbares. Wir haben jedoch zwei ganz normale Kleinbusse dabei, die eigentlich für eine solche Flußdurchfahrt nicht gemacht sind. Ein paar Jeeps sind schon durch, jetzt traut sich auch unser erster Kleinbus. Der Fahrer hat ja gesehen, welche Route durch den Fluß die Jeeps vor ihm genommen haben. Er fährt hinein und mit kühnem Schwung und großer Bugwelle auf eine kleine Insel zu. Die Insel wird erfolgreich erklommen und Fahrer und Auto können verschnaufen. Der zweite Teil der Flußdurchfahrt ist dagegen eine Kleinigkeit. Nun fährt auch unser zweiter Kleinbus. Auch er fährt hinein, aber nicht mehr hinaus. Mit einem Vorderrad bleibt er an einem Stein hängen und kommt nicht mehr vor und nicht zurück. Doch wir haben Glück im Unglück. Zwei französische Jeeps mit guter Ausrüstung kommen zufällig des Weges und können uns helfen. Es werden mehrere Seile zu einem Langen verbunden und unser Guide befestigt es am Kleinbus. Er braucht bei der starken Strömung einige Versuche dazu. Die Franzosen geben ihrem Jeep die Sporen und schaffen es auch, unseren Kleinbus wieder freizubekommen und an Land zu bringen. Die Türen haben dem Wasser natürlich nicht viel entgegenhalten können und so ist im Inneren eine kleine Überflutung gewesen. Gar nicht gut für die Reisetaschen in der untersten Lage. Auch im Inneren eines Autos sollte man zumindest allses Wichtige wasserdicht einpacken. Abends im Homestay wurde alles genutzt, was einer Wäscheleine ähnlich ist.

Flußdurchquerung des Toguzbulok. An einem Rasthaus bei Jelondy.
Flußdurchquerung des Toguzbulok. An einem Rasthaus bei Jelondy.

Mo, 27.07.2015: Der Himmel ist grau, die Wolken hängen tief. Die am Vortag aufgehängten Sachen sind trotzdem erstaunlicherweise fast alle trocken. Die für den Tag nicht benötigten Sachen sind in einer extra Tasche, denn diese werden auf Esel gepackt und wir müssen sie nicht selbst tragen. Nur das Tagesgepäck kommt bei uns auf den Rücken. Zusätzlich gibt es noch etwas Essen in den Rucksack, das zum Mittag verspeist werden wird. Wir haben acht Esel mit vier Treibern und ein Pferd zur Verfügung.
Wir starten gegen 9:00 unsere Trekkingtour. Anfangs laufen wir durch die vereinzelt stehenden Gehöfte des Dorfes Bachor. Auf einer wackeligen Hängebrücke überqueren wir den Ghund, laufen nur einige 100m und überqueren wieder den Ghund. Diesmal ist die Brücke nicht nur wackelig, sondern sogar arg wackelig. Man benötigt schon beide Hände, um sich an den Drähten des Geländers festzuhalten und sicher hinüberzukommen. Ich komme mir am anderen Ufer wie ein Seemann vor, der nach vier Wochen auf dem Ozean das erste Mal wieder festen Boden unter den Füßen hat.
Weiter geht es über idyllische Wiesen, durch die sich ein kleiner Bach mäandert. Nur das Wetter ist leider nicht so ganz idyllisch, denn es fängt an leicht zu regnen. Aber wir haben ja die Regensachen im Rucksack dabei. Und die halten auch dicht.
Die Mittagspause machen wir am Ufer des Baches bei Regen und warten dabei auf unsere Tiere. Die Esel werden dabei weniger hoffnungsvoll erwartet als das Pferd. Denn dieses soll unsere Fähre durch den Bach sein. Sicher könnte man mit etwas Suchen auch eine etwas seichtere Stelle des Baches zur Überquerung finden, aber unser Bergführer hat sich nun mal in den Kopf gesetzt, den Bach an dieser Stelle zu überqueren. Einer nach dem anderen nimmt auf dem Pferd Platz und wird an das andere Ufer gebracht. Der Reiter sitzt in seinem Sattel und der Gast dahinter auf dem Rücken des Pferdes. Man muss sich nun gut festhalten, denn der Weg durch den Bach ist wackelig. Die Beine müssen angewinkelt werden, da das Wasser bis fast an den Bauch des Pferdes reicht. Wir kommen alle trocken auf der anderen Seite an und können trockenen Fußes weitergehen.
Durch den Regen und die tiefhängenden Wolken haben sich leider die Berge versteckt.
Es war ein langer Tag und wir kommen erst gegen 17:30 an unserem Camp an. Das Camp ist natürlich kein richtiger Zeltplatz, sondern einfach nur eine Wiese. Hauptsache ist, dass es trinkbares Wasser gibt. Wir empfangen die vom tadschikischen Veranstalter gestellten Zelte und bauen sie auf. Es sind recht geräumige Zwei-Personen-Zelte ordentlicher Qualität und der Aufbau ist recht einfach. Etwas abseits wird das Ein-Personen-Zelt aufgestellt, nachdem zuvor ein kleines Loch für die menschlichen Hinterlassenschaften gebuddelt wurde.
Laut Programm wäre jetzt noch der Besuch eines heißen Pools möglich, aber der Ausflug wird mit vier Stunden angegeben und ist damit an diesem Tag nicht mehr machbar. Da wir hier auch schon auf ???m Höhe sind, ist ein Ruhetag zur Akklimatisierung eigentlich angebracht. Wir in der Reisegruppe entscheiden uns also, den Reservetag vom Schluß jetzt gleich als Akklimatisierungstag einzuschieben. Wie wir später erfahren, hat das die Gruppe vor uns bereits auch so gemacht.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Typisches Pamir-Haus bei Bachor. Durchquerung eines Gebirgsbaches.
Typisches Pamir-Haus bei Bachor. Durchquerung eines Gebirgsbaches.

Di, 28.07.2015: In der Nacht hat es noch etwas geregnet, aber der Morgen ist regenfrei. Die Wolken hängen aber nach wie vor an den Gipfeln fest. Gegen 9:00 Uhr brechen wir zu den heißen Quellen auf. Wir steigen mit kleinem Gepäck teilweise steil bergan; Steinmandl kennzeichnen den Weg. Ein kleiner Grat wird überschritten und bei ein paar zerfallenen Hütten ist der Pool erreicht. Direkt an der Felswand sind Steine zu einer kleinen Mauer aufgeschichtet und in diesem daraus entstandenen Becken wird das heiße Wasser aufgefangen. Der Pool wird aus einer ein paar Meter weiter oben gelegenen Quelle gespeist. Auf dem Weg von Quelle zu Pool kann auch etwas kaltes Wasser zugemischt werden; das Wasser allein aus der Quelle wäre sonst zu heiß.
Wir bleiben lange, denn zwischendurch ist auch die Sonne hervorgekommen. Die Badewanne ist toll, wir machen Mittagspause und genießen den Ausblick. Gegen 13:15 brechen wir zum Rückweg auf. Auf den Berghängen stehen viele wunderschöne Blumen und es werden massenhaft Fotos geschossen. Kurz nachdem wir um drei im Camp angekommen sind, öffnet der Himmel seine Schleusen. Es ist ein heftiger, aber zum Glück nur kurzer Schauer.
Zum Abendessen wird ein tadschikischer Rotwein gereicht. Er schmeckt nicht nach mehr.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Karge Landschaft im Pamir. Heißer Pool.
Karge Landschaft im Pamir. Heißer Pool.

Mi, 29.07.2015: Anfangs geht es nur seicht über die Wiese bergan. Später wird es allerdings steil und steinig. Der Weg führt über blöd zu laufende Moränen hinauf in einen Sattel. Die zu querenden Bäche haben trotz des Regens in der Nacht zum Glück nicht allzuviel Wasser und so kommen wir auch ohne Pferd immer trockenen Fußes auf die andere Seite.
Nachdem es immer wieder über Geröll hinauf und ein wenig hinab ging, fiel plötzlich der Blick auf einen wunderschönen blauen See. An dessen Ende leuchtet grün eine saftige Wiese. Doch um zu dieser Wiese zu gelangen, muss man erst um den See herum. Und dann ist auch zu erkennen, dass die Wiese eben deshalb so saftig grün ist, weil sie nicht nur von ein paar Bächlein durchzogen ist, sondern auch von unzähligen kleinen Rinnsalen durchflossen wird. Sie war so nass, dass man sie nur an der Grenze zum Geröll umrunden konnte. Und aus der Ferne sah das aus wie ein sehr schöner Platz zum Zelten.
Unser Camp bauen wir auf einer etwas weiter oben gelegenen trockenen Wiese in 4.340m Höhe auf. Die Sonne scheint und strahlt die umstehenden Berge mit ihren leuchtend weißen Gletschern an. Nicht so toll ist, daß meine Isomatte beim Aufpumpen ihren Geist aufgibt. Ein paar der Kammerwände haben sich gelöst und so ist längs in der Mitte ein Höcker entstanden. Man kann sie noch benutzen, aber liegt auf einem Berg und immer wieder droht die Gefahr, im Schlaf herunterzurollen. Aber wenn man sie nicht ganz straff aufpumpt, dann kann man diese Tour mit der Matte noch überstehen.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Do, 30.07.2015: In der Nacht hat es wieder geregnet und morgens sind noch viele Wolken da; genau wie am Vortag. Der erste Bach konnte problemlos zu Fuß überquert werden, beim Zweiten jedoch diente wieder das Pferd als Fähre. Der Weg führt auf einen kleinen Pass hinauf und von diesem konnte man schon den See Zaloj Kul sehen. Es ist ein wunderschön in die vergletscherten Berge eingebetteter Bergsee. Als nächste Herausforderung steht die Querung des Abfluss dieses Sees an. Wir trennen uns in zwei Gruppen, Fußgänger und Reiter. Die Reiter wollen wieder das Pferd als Fähre nutzen, das Pferd sieht das allerdings anders und mag nicht mehr. So werden die verhinderten Reiter zu notgedrungenen Fußgängern. Sie durchqueren den Bach an einer nicht zu tiefen und zu reißenden Stelle. Trotzdem ist das Wasser an dieser Stelle noch oberschenkeltief. Wir Fußgänger jedoch springen an einer seichten, dafür aber sehr breiten Stelle des Baches von Stein zu Stein; haben ganz sicher einen längeren Weg, aber kommen trocken auf der anderen Seite an. Da wir auch keine Schuhe aus- und wieder anziehen müssen, kein Pferd erfolglos zu überreden versuchen, sind wir trotzdem schneller. Wir umlaufen ein Felsplateau und erreichen wieder das Ufer des Sees. Auf einer Märchenwiese mit vielen Blumen, darunter auch eine ganze Menge Enzian, machen wir Mittagspause. Es gibt Salat, Kartoffelbrei und Würstchen. Das erste Mal auf der Tour nehme ich einen Nachschlag zum Essen.
Nach dem Essen geht es über Blockgestein, welches wieder blöd zu laufen ist. Einer unserer Reisenden ist ja schon seit Chorog arg angeschlagen und auf Anraten unseres Bergführers ist er auf diesem schwierigen Stück hoch zu Ross unterwegs.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Karge Landschaft im Pamir nach Regen. Am See Zaloj Kul.
Karge Landschaft im Pamir nach Regen. Am See Zaloj Kul.

Fr, 31.07.2015: Am Morgen regnet es, auch als wir loslaufen. Das Regencape habe ich an, manchmal wird es ein paar Minuten nicht gebraucht, aber häufig doch. Wir laufen in eine Talkreuzung hinab. Hier ist ein Hirte mit seinen Frauen auf der Sommerweide, das heißt, nicht der Hirte, sondern sein Vieh ist auf der Weide. Hauptsächlich Schafe und Ziegen, aber auch ein paar Kühe stehen auf den saftigen Wiesen. Hier bekommen wir Tee, Brot und Joghurt zum Essen. Nebenbei betreiben sie auch noch einen kleinen Handel mit gestrickten Gebetsmützen und Socken. Die Mützen haben aber auch einen touristischen Touch, denn es gibt auch welche mit Aufschriften wie "Pamir" oder "Badachschan" in kyrillischen oder lateinischen Buchstaben.
Von dieser Kreuzung geht auch ein Tal nach Norden ab. Ginge man dieses weiter, käme man zum Stausee Sarez. Dieser entstand nicht durch Menschenhand, sondern durch einen Erdrutsch, ausgelöst durch ein Erdbeben am 18. Februar 1911. Das Tal des Flusses Murghab wird seitdem durch einen 1,4km langen und 570m hohen Damm abgeriegelt. Soldaten sollen den Damm aus Angst vor Terroristen absichern. Wenn dieser Damm gesprengt werden würde, dann würde sich eine Flutwelle über Südtadschikistan, Teile Afghanistans und Usbekistans ergiessen. Dörfer und landwirtschaftliche Flächen auf einer Länge von mindestens 1.000km entlang der Flüsse Murghab, Bartang und Panj würden zerstört werden (vergl. "Usoi landslide dam and lake Sarez: an assessment of hazard and risk in the Pamir mountains, Tajikistan; United Nations Office for Disaster Risk Reduction (UNISDR); 2000").
Wir steigen ein anderes Tal wieder hinauf, immer noch regnet es leicht. Zum Glück hört der Regen jedoch bald auf und die Sonne kommt heraus. Der Weg führt an drei zusammenhängenden Seen vorbei. Am dritten bauen wir unser Camp auf. Da die Sonne sich noch nicht hinter den Bergen versteckt und ihre wärmenden Strahlen freundlicherweise zu uns schickt, kann mich auch das eiskalte Wasser des Sees nicht davon abhalten, ein kurzes Bad zu geniessen. Das tut nach den Tagen des Trekkings auch mal wieder richtig gut.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Morgens am See ??? Hirtenfamile.
Morgens am See ??? Hirtenfamilie.

Sa, 1.08.2015: Fast den ganzen Tag haben wir Regen, zu unserer Mittagspause am See Chapdar (4.529m) machte aber glücklicherweise auch der Regen eine Pause. Das Wasser des Sees war absolut klar und so konnte man auch die kleine Uferzone und dann den jähen Abbruch in große Tiefen sehen. Der Weg nach der Pause führte über Blockgestein und war häufig blöd zu laufen.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Zeltplatz am See ???. Mittags am See Chandara.
Zeltplatz am See ???. Mittags am See Chandara.

So, 2.08.2015: Frühstück gibt es heute erst 8:00 Uhr, da uns nur ein kurzer Tag bevorsteht. In der Nacht hat es immer wieder geregnet, morgens ist noch ein kleines Tröpfeln und als wir loslaufen, können Regenhose und Regencape im Rucksack bleiben. Es geht erstmal leicht bergan, weil da eine gute Stelle zur Bachquerung sein soll. Das bewahrheitet sich auch so. Zum drüberweghüpfen ist das allerdings auch nichts und so müssen Schuhe, Strümpfe und Hosen aus- und die Sandalen angezogen werden. Dann geht es durch das kalte Wasser.
Der weitere Weg führt seicht bergab, immer in der Nähe des Baches entlang. Auf den Wiesen stehen weit verteilt einige Kühe, auch ein paar schäbige Hütten sind zu sehen. Das sind Hochalmen, die von Juli bis September beweidet werden. Später wird das Tal so eng, dass der Weg über eine Anhöhe ausweichen muss. Von dieser Anhöhe bietet sich uns ein ungewohnter Anblick: Büsche und sogar erste Bäume sind zu sehen. Da unten befindet sich dann auch unser nächstes Camp, das letzte auf diesem Teil der Trekkingtour. Und auch hier gibt es wieder einen Hirten in einem Steinhaufen als Haus und einige Kühe.
Am Abend verabschieden wir schon die Eseltreiber. Wenn wir am nächsten Tag an unseren Autos ankommen, wollen Sie bestimmt nicht lange warten und gleich wieder in ihr Heimatdorf zurückgehen. Es gibt eine kurze Dankesrede und das Trinkgeld wird überreicht.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings.

Mo, 3.08.2015: Gleich nach dem Aufbruch geht es steil nach oben in eine Art Hochtal hinauf. Von hier wäre man in ca. sechs Stunden zurück in Bachor, dem Ausgangspunkt unseres Trekkings. Wir laufen jedoch in die Gegenrichtung. Nach zwei kleineren Anhöhen erreichen wir den eigentlichen Pass in einer Höhe von 3.900m. Von hier sehen wir auch schon den Endpunkt unseres Trekkings, den See Yashilkul. Es geht nur noch einen kurzen, aber steilen Abstieg hinab und schon sind wir an unseren Autos. Das Gepäck wird verladen, die Eseltreiber brechen auf nach Bachor und wir besteigen unsere Autos.
Auf unbefestigter Piste fahren wir mal am Ufer, mal ein Stück weg, mal ein ganzes Stück oberhalb, aber immer in der Nähe dieses wunderschön gelegenen Sees entlang. Durch Sonne und Wolken leuchten die umliegenden Berge in den schönsten Farben. In einer Kurve liegt links eine schöne Wiese und an den Hang schmiegt sich ein kleines Häuschen aus Natursteinen. Im hinteren Teil des Hauses kommt zwischen den Steinen warmes Wasser heraus und läuft in ein von Steinen gebildetes Becken. Aus diesem führt ein Rohr das Wasser in eine von Algen ergrünte Badewanne. Daheim wäre mir dieses Wasser als Badewasser zu kalt, hier nach dem Trekking aber sind auch schätzungsweise 30 Grad Celsius ausreichend für ein warmes Bad (Wo ist das?).
Da die Badeanstalt anfangs noch durch zwei einheimische Damen besetzt war, machten wir erstmal Mittagspause. Es gab sogar frisch gebratenen Fisch, der auch noch richtig lecker war. Nachdem alle gebadet hatten und der Dreck der vergangenen Tage vom Körper und aus den Haaren gewaschen war, bestiegen wir unsere Autos und fuhren weiter in das Dörfchen Bulunkul (Wo ist das?). Das Dorf ist wohl zu sowjetischen Zeiten von Geologen gegründet worden, die in der Umgebung nach Bodenschätzen suchten. Aus dieser Zeit zeugt auch noch eine verfallene Wetterstation. Aus neuerer Zeit gibt es einen Gesundheitsposten der Aga Khan Stiftung. Sie sah aber sehr verschlossen aus. Vielleicht kommt ja auch nur alle paar Wochen mal eine Schwester oder gar ein Arzt für eine Sprechstunde hier vorbei. Auf unserem Rundgang durchs Dorf sahen wir auch die größte Sehenswürdigkeit des Ortes: einen Baum. Er war eingezäunt, hatte drei grüne Zweige, wurde bewässert und scheinbar gehegt und gepflegt. Desweiteren gibt es im Dorf zwei Toilettenhäuschen mit je zwei Kabinen, da die Häuser keine Toiletten hatten. In der Dorfmitte stand der gemeinschaftliche Backofen. Dieser ist gerade in Benutzung gewesen und viele Frauen standen drumherum. Wahrscheinlich auch ein sozialer Treffpunkt für den Austausch des neuesten Klatsches und Tratsches. Eine Frau kam jedoch mit ihrem vollen Korb frischen Brotes auf uns zu und gab uns davon ab. Das beste Brot was ich auf der ganzen Tour gegessen habe.
Das Abendessen wurde uns in der Jurte unserer Gastfamilie serviert. Daneben lag das Baby in einer Wiege und wurde geschaukelt. Aber nicht wie wir das wohl tun würden, sondern kräftig hin und her. Die Babies tragen keine Windeln, sondern die Wiege hat eine Art Drainage. Pampers gibt es hier nicht.
GPS-Track des Tages.
GPS-Track des kompletten Trekkings. GPS-Track der Fahrt nach Bulunkul.

Abstieg zum See Yashilkul. Badehaus über dem Yashilkul.
Abstieg zum See Yashilkul. Badehaus über dem Yashilkul.
Blick zum See Bulunkul. DIE Attraktion in Bulunkul: ein Baum.
Blick zum See Bulunkul. DIE Attraktion in Bulunkul: ein Baum.
Anfangs waren die Kinder sehr skeptisch. Später nicht mehr.
Anfangs waren die Kinder sehr skeptisch. Später nicht mehr.

Di, 4.08.2015: Fahrtag von Bulunkul nach Langar, ca. 110km, gesamt 4h.
Es regnet. Bei der Direktorin der Schule von Bulunkul geben wir einige Mitbringsel wie Stifte und Hefte ab. Über die Waschbrettpiste fahren wir zur M41, gleiten einen Kilometer auf deren Asphalt und biegen gleich wieder auf eine Schotterpiste ab. Diese führt uns hinauf zum Khargush-Pass (4.344m). Von hier sollte man einen schönen Blick auf den Hindukusch haben; wir haben nur einen Blick auf Regenwolken. Wenigstens hat der Regen aber nachgelassen und hört im weiteren Verlauf der Fahrt dann auch ganz auf. Nach dem Passieren eines Armeepostens gelangen wir in das Tal des Flüßchens Pamir und damit wieder an die Grenze zu Afghanistan. Der Fluß ist des Regens wegen zwar stark angeschwollen, setzt die Piste aber zum Glück noch nicht unter Wasser. Wegen der Sperre der M41 quälen sich nun viele Lkws auf dieser abenteuerlichen Piste entlang. Sie ist die offizielle Umleitung. Die Gegend hier ist menschenleer; es gibt keine Dörfer, nur ab und an mal ein Gehöft. Die Besiedelung setzt erst kurz vor unserem Tagesziel Langar ein (Wo ist das?).
Langar befindet sich am Wachan-Korridor, einem schmalen Landstreifen des damals freien Afghanistans, der im 19. Jh. als Pufferzone eingerichtet wurde. Er sollte das von Rußland dominierte Zentralasien und Britsch-Indien auseinanderhalten. Ruinen zahlreicher Festungen zeugen von einer unruhigen Geschichte dieser Gegend. Eine Brücke führt oberhalb von Langar über den Fluß Pamir nach Afghanistan hinüber. Unterhalb von Langar vereinigen sich Pamir und Wakhan zum oftmals reißenden Panj. Am Zusammenfluß selbst hat sich jedoch eine relativ große und fruchtbare Ebene gebildet. Dementsprechend dicht ist auch die Besiedelung beiderseits der Grenze.
In unserem Homestay in Langar sind auch Chinesen untergebracht, davon einige dem Aussehen nach uigurischer Abstammung, die bei Langar den Strassenbau betreiben. Direkt gegenüber unserer Unterkunft ist ein Steinbruch. Dieser wird aber etwas anders als bei uns betrieben. Es gibt keinerlei Maschinen, nur Hammer, Meißel und Brechstangen.
Wir machen noch einen kleinen Spaziergang durchs Dorf. Wir besuchen den Schrein von Shoh Kambari Oftab Mazar, der den Ismailismus nach Langar gebracht hat. Sein mit Hörnern überladenes kleines Mausoleum steht in einem Park mit alten, knorrigen Bäumen. Der Park mit dem Mausoleum ist durch zwei Ringe von Mauern umgeben. Wir gehen weiter auf der Straße entlang und passieren den rostigen Aufbau eines Lkws, der in der Wiese steht. Laut kyrillischer Aufschrift "Magasin" ist es ein Laden, der aber nicht geöffnet hat. Wenige Meter weiter steht am Straßenrand ein alter Bus ohne Motor, dieser trägt in lateinischen Buchstaben die Aufschrift "Shop" und hat geöffnet. Also können wir uns auch ein paar Flaschen Bier kaufen.

Am Grenzfluß Pamir, die andere Seite ist Afghanistan. Ein Laden in Langar.
Am Grenzfluß Pamir,
die andere Seite ist Afghanistan.
Ein Laden in Langar.

Mi, 5.08.2015: Heute beginnt der zweite Teil unseres Trekkings. Es sind aber nur zwei Tage. Anfangs laufen wir durch den Ort an der Straße den Berg hinauf. Immer wieder kommen Autos und Lkw's die Piste entlanggefahren. Wir biegen aber bald von der Straße ab und steigen einen schmalen, steilen Pfad bergan. Durch den schönen Ausblick auf die Schneekuppen des Hindukush wird man jedoch für die Strapazen belohnt. Der Anstieg sollte 1.200Hm betragen, nach diesen waren wir jedoch gerade bei unserer Mittagsrast angekommen. Ein kleines Gehöft mit vielen Ziegen und ein paar Menschen, darunter ein höchstens vier Jahre alter Junge. Er ritt auf einer Ziege, fiel herunter, bestieg sie wieder, ritt ein paar Meter, fiel wieder herunter, bestieg eine andere Ziege und ritt weiter. Ein schönes Schauspiel. Nach einer kleinen Stärkung ging es weiter, weiter bergan. Keiner wusste, wie weit der Anstieg noch gehen sollte. Wie wir leider feststellten, auch der Bergführer nicht. Er ist diesen Weg noch nie gegangen und kannte ihn daher nicht. Der Zielort sollte der gleiche sein, wie beim direkten Anstieg von Langar aus. Doch auf unserem Weg war zwischen uns und dem Zielort noch ein hoher Pass, von dessen Existenz der Bergführer offensichtlich nichts wusste. Dabei hätte ein Blick auf die Karte genügt. Aber das war wahrscheinlich unter seiner Würde. Auf die Frage nach dem Weiterweg reagierte er pampig und laut. Nach einigem Unmut in der Gruppe wurde dann an einem geeigneten Platz das Nachtlager aufgeschlagen. Da befanden wir uns auf einer Höhe von 4.570m, hatten damit bereits 1.700m Aufstieg hinter uns und waren noch immer nicht am Pass angelangt. Die Stimmung ist gespannt und der Bergführer lässt sich weder abends noch am nächsten Morgen bei uns blicken. Eine Demonstration von Unvermögen beim Umgang mit Konflikten.

Blick zum östlichen Hindukusch. Ein Junge übt sich als Reiter.
Blick zum östlichen Hindukusch. Ein Junge übt sich als Reiter.

Do, 6.08.2015: Einige von uns, inklusive mir, stehen bereits um vier Uhr auf, um bei Sonnenaufgang am Pass zu sein. Das sind noch reichlich 200Hm. Wir sind auch zur rechten Zeit am Pass auf 4.800m Höhe, aber leider spielt das Wetter mal wieder nicht so richtig mit. Die beiden Bergspitzen unmittelbar gegenüber verstecken sich in den Wolken. Sie schämen sich wohl, dass sie immer noch nach Karl Marx und Friedrich Engels benannt sind. Dafür ist der Blick Richtung Hindukush gut. Der Blick schweift hier bis zu den Bergketten der afghanisch-pakistanischen Grenze. Es ist einfach gigantisch hier zu stehen und die Aussicht zu genießen. Dafür quält man sich die Berge hinauf. Nach genießen des Ausblicks steigen wir wieder zum Lager hinab. Frühstücken - ohne schmollenden Bergführer -, Sachen packen, und wieder den Weg zum Pass hinauf. Jetzt lassen sich auch mal Marx und Engels kurz blicken. Durch einen gerölligen Berghang geht es steil bergab. Auch unsere Lastesel haben bei diesem Abstieg ihre Schwierigkeiten und kommen nur langsam vorwärts. Wir Wanderer sind um einiges eher auf der wunderschönen Bergwiese angelangt als unsere vierbeinigen Begleiter. Diese idyllische Bergwiese hätte eigentlich unser Nachtlager sein sollen. Wir richten uns hier zu einer Mittagsrast ein, nachdem wir noch den glücklicherweise nicht tiefen, aber eiskalten Gletscherbach durchquert haben. Auch auf dieser Wiese sind ein paar Hirten mit ihrer Ziegenherde. Auf einem relativ gut ausgebauten Weg neben einem kleinen künstlichen Kanal laufen wir einige Zeit ohne großen Höhenverlust entlang. Dieser speist die Bewässerungssysteme der weiter unten liegenden Felder. Nach einiger Zeit verlassen wir diesen Kanal und steigen nun einen steilen, schmalen Pfad hinab. Dabei passieren wir kurz vor Langar ein Felsfeld, auf dem viele Petroglyphen eingeritzt sind. Die sind allerdings teils so deutlich, dass klar zu sehen ist, dass sie nicht original sein können. Außerdem haben sich hier auch viele Spaßvögel verewigt, und "Petroglyphen" in kyrillischen Schriftzeichen hinterlassen. Auf dem Weg hinab kann man auch immer wieder in den Wakhan Korridor hineinschauen. In Langar angekommen, passieren wir zuerst den Friedhof, bevor wir den eigentlichen Ort erreichen. Hier ist es angenehm, nach den Tagen in sehr kargen Regionen wieder inmitten von grünen Bäumen zu stehen.

Pik Karl Marx und Pik Friedrich Engels. Petroglyphen.
Pik Karl Marx und Pik Friedrich Engels. Petroglyphen.

Fr, 7.08.2015: Fahrtag. Wir fahren immer entlang der afghanischen Grenze von Langar nach Ishkashim. Einmal stehen wir im Stau, da ein großer Lkw in der schlammigen Straße steckengeblieben ist. Er steht bedenklich schräg und einige Leute versuchen, ihn wieder flott zu bekommen. Wir können glücklicherweise über die danebenliegende Wiese ausweichen. Aber auch diese ist sehr nass und wehe dem, der dort stehenbleibt. Denn der bleibt nicht nur stehen, sondern auch stecken. Zum Glück haben wir versierte Fahrer. Im Dörfchen Vrang machen wir einen kurzen Halt und laufen einen kleinen Hügel hinauf. Auf diesem thront eine buddhistische Stupa und wiederum auf dieser thront ganz oben drauf ein Fußabdruck von Buddha höchstpersönlich.
Ein paar Kilometer weiter in Jamg besichtigen wir das Museum von Sufi Muborak Kadam Wakhani (1843-1903), einem Mystiker, Astronomen und Musiker. Im ersten Raum des typischen Pamiri-Hauses gibt es ethnografische Gegenstände, Bücher und Manuskripte des Meisters zu sehen. Im zweiten Raum sind neben der einheimischen Ausstattung auch noch einige Musikinstrumente zusehen, die der Hausherr auch gern einmal anspielt. An der Straße vor dem Haus gibt es dann noch natürlich seinen berühmten Sonnenkalender zu sehen. Ein großer Stein mit einem Loch gibt den Zeitpunkt der Tag-Nacht-Gleiche an. Schaut man durch dieses Loch im Stein gen Westen, so sind auf dem Bergkamm in der Ferne zwei weitere Steine zu sehen. Geht die Sonne genau zwischen diesen Steinen unter, so ist die Tag-Nacht-Gleiche erreicht.
Bei Yanchun fahren wir von der Hauptroute ab und eine kleine Straße bergan zu den heißen Quellen von Bibi Fatima, die wir für ein Bad nutzen wollen. Es gibt zwei Pools, natürlich streng nach Männlein und Weiblein getrennt. Wir besteigen den hinteren, nur fast höhlenartig anmutenden Pool, denn der liegt direkt an einer Felswand und Gemäuer ringsum lässt nicht viel Licht herein. Es gibt aber vorher noch auf der linken Seite ein Becken, welches zeitlich gestaffelt für Männer und Frauen geöffnet ist. Bei unserem Besuch waren gerade die Frauen dran. Dieses ist das schönere Becken. "Man kann sich etwa unter den kleinen angenehm warmen Wasserfall stellen oder im ausgewaschenem kleinem Becken baden. Für Tadschikinnen ist dieser Ort sehr wichtig, denn er soll die Fruchtbarkeit fördern. Dafür müssen sie in die kleine Höhle rechts des Wasserfalls klettern und einige Augenblicke dort (betend) verharren. Für die meist zierlichen und schlanken jungen Tadschikinnen ist das kein Problem. Westliche Besucherinnen sollen jedoch schon in der kleinen Höhle festgesteckt haben." 1)
Auf dem Weg und ganz in der Nähe der Quellen befindet sich auch noch die Festung Yanchun. Die Gegend ist schon seit Jahrhunderten politisch brisant und bedarf einiger regulierender und schützender Eingriffe. Zumindest Vorläufer der Festung sollen aus Zeiten von Alexander dem Großen (4. Jh. v.Chr.) stammen. Durch die Erosion ist die Festung aber nur noch in Fragmenten existent. Trotzdem zählt sie zu den am besten erhaltenen der zahlreichen Festungen in der Gegend des Wakhan-Korridors.
An einem privaten Gebäude speisen wir zu Mittag. Es ist das übliche, pamirische Bauwerk. Und wie üblich wird aufgetragen, dass sich der Tisch biegen würde, so es einen gäbe. Rings um das Haus sind die nötigsten Sachen für die Selbstversorgung im Garten angebaut. In Ishkashim kommen wir auch wieder in einer privaten Unterkunft unter. Auch hier wieder ein schöner Garten ringsum, der Ofen zum Brotbacken befindet sich draußen und auf den Bäumen die leckersten Aprikosen der Welt, auch wenn sie in Aussehen und Form sicher jeder EU-Norm widersprechen.

Blick über das grüne Dorf Vrang. Festung Yanchun.
Blick über das grüne Dorf Vrang. Festung Yanchun.

Sa, 8.08.2015: Lange und ereignisarme Fahrt immer an der afghanischen Grenze entlang von Ishkashim via Chorog nach Kalaikhum. Hier übernachten wir nicht im gleichen Gasthaus wie hinzu, aber auch direkt am Fluß gelegen.

So, 9.08.2015: Wieder ein langer Fahrtag nach Dushanbe, auf gleicher Strecke wie hinzu. Abwechslung kommt durch die etwas grünere Landschaft. Abends gehen wir in ein gehobenes Lokal mit leckeren Speisen. Leider ist mir eine davon überhaupt nicht bekommen, was ich auf dem kommenden Rückflug deutlich gepürt habe. Auch die erste Woche nach dem Urlaub habe ich dann krank daheim zugebracht.

Sinterterrassen in Garmchashma. Tankstelle bei Krgovad.
Sinterterrassen in Garmchashma. Tankstelle bei Krgovad.

Mo, 10.08., Rückflug: Wiederum mit Turkish Airlines fliegen wir sehr früh morgens um 05:40 von Duschanbe nach Istanbul. In Istanbul haben wir knapp drei Stunden Aufenthalt, bevor wir um 12:00 weiter nach München fliegen.

Reiseveranstalter Diamir Erlebnisreisen
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Literatur- und Filmtipps:

  • Tadschikistan - Zwischen Duschanbe und dem Dach der Welt, Sonja Bill, Trescher Verlag, 2010, ISBN 978-3-89794-160-1 (1): Zitate im Text)
  • Karte The Pamirs - Tourist Map of Gorno-Badakhshan, Gecko Maps, Maßstab 1:500.000, mit Ãœbersichtsplänen von Khorog und Murghab, ISBN 978-3-906593-35-7

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